Von Software und Autotuning

Von Software und Autotuning

Mein aktuelles Auto ist ein Octavia RS. Weil das meine Initialen sind. Und wegen der 184 PS, zugegeben. Beim Kauf eines Autos ist die gewünschte Performance ein wesentliches Kriterium – und stark preisbeeinflussend. Dabei ist klar, dass ein nachträgliches Steigern der Leistung schwierig wird:

Ein paar Prozent gehen mit Chiptuning recht leicht, aber irgendwann müssen von den Bremsen bis zum Motor viele Komponenten getauscht werden, um noch mehr Schnelligkeit zu erzielen. Unrentabel. Aus einem Golf wird kein Ferrari. Hätte man beim Kauf bedenken müssen.

Wir sollten auch bei Software die Frage nach der gewünschten Performance ganz an den Anfang stellen. Mit welchen Datenmengen ist zu rechnen? Wie viele Benutzer greifen gleichzeitig zu? Und wie schnell soll die Software dann reagieren? Auch in unserer Branche kann Performance im Nachhinein nicht beliebig nach oben geschraubt werden: Manches lässt sich durch stärkere Hardware verbessern, aber in vielen Fällen sollten vorab grundlegende Architektur-Entscheidungen anders getroffen werden.

Autos regeln bei einer bestimmten Geschwindigkeit ab. Software läuft weiter, bis sie unbrauchbar wird oder abstürzt. Vielleicht sollten wir Entwickler die festgelegten Leistungsgrenzen genauso betrachten wie die Automobilindustrie: Ab 100.000 Datensätzen verhindern wir das Speichern, die Stabilität kann sonst nicht mehr gewährleistet werden.

Performance ist eine zutiefst inhaltliche Entscheidung, die viele technische Belange beeinflusst. Zu wenig Performance ist schlecht, zu viel davon ist teuer. Mit 50 PS auf der deutschen Autobahn ist man genauso deplatziert wie mit 600 PS im Stadtverkehr.

Ist die inhaltliche Entscheidung schlussendlich gefallen, müssen wir Entwickler die Konsequenzen ziehen: Dann darf die Software beim Testen nicht nur im dritten Gang durchs Ortsgebiet cruisen, sondern muss raus auf die Rennstrecke. Bei Schnee und Eis. Jede Komponente wird auf ihre Tauglichkeit überprüft. Und die Stoppuhr läuft gnadenlos mit. Das kostet Geld, aber es gibt keine Alternative. Performance ist ein Feature, sowohl bei Autos, als auch bei Software.


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